1. Einleitung einer internen Untersuchung
Die Informationen von dritter Seite sowie anonyme Hinweise werden zunächst von einem eigenen Referat des OLAF bewertet. Auf der Grundlage dieser Erstbewertung entscheidet der Generaldirektor bei ausreichenden Verdachtsmomenten, ob eine Untersuchung eingeleitet werden soll und weist den Fall den Untersuchungsbeauftragten zu.
Bei internen Untersuchungen wird auch berücksichtigt, welche Organe, Einrichtungen oder sonstigen Stellen für die Durchführung der Untersuchung am besten geeignet sind. Maßgeblich für die Entscheidung sind insbesondere der Sachverhalt, das Ausmaß der tatsächlichen oder der möglichen finanziellen Auswirkungen des Falls und die Wahrscheinlichkeit justizieller Folgemaßnahmen. Die Zuständigkeit der Europäischen Staatsanwaltschaft (EUStA) wird ebenfalls bewertet.
2. Durchführung einer internen Untersuchung und Untersuchungsbefugnisse
Ziel einer Untersuchung ist es, die erhobenen Vorwürfe nachzuweisen oder zu widerlegen. Die Untersuchungsbeauftragten untersuchen den Sachverhalt objektiv, ohne sich von der ersten Beurteilung beeinflussen zu lassen.
Die Untersuchungsbeauftragten des OLAF haben dafür
- das Recht 1) auf unverzüglichen und ohne Voranmeldung zu gewährenden Zugang zu sämtlichen relevanten Informationen und – unter bestimmten Bedingungen – zu privaten Geräten, die für dienstliche Zwecke genutzt werden, zu Schriftstücken und zur Rechnungsführung der Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen, ferner 2) das Recht auf unverzüglichen und ohne Voranmeldung zu gewährenden Zugang zu deren Räumlichkeiten; 3) das Recht auf Anfertigung von Kopien dieser Schriftstücke und des Inhalts aller Datenträger sowie 4) das Recht auf Sicherstellung dieser Schriftstücke und Daten, um zu gewährleisten, dass diese nicht vernichtet bzw. gelöscht werden;
- unter bestimmten Bedingungen das Recht auf Zugang zu den in den zentralen automatisierten Mechanismen verfügbaren Informationen über die Kontoinhaber (gemäß Artikel 32a Absatz 3 der Richtlinie (EU) 2015/849 des Europäischen Parlaments und des Rates) sowie zu den Transaktionsaufzeichnungen;
- die Möglichkeit, Kontrollen bei Wirtschaftsteilnehmern vor Ort vorzunehmen, um Zugang zu Informationen über den von der internen Untersuchung betroffenen Sachverhalt zu erhalten;
- das Recht, von den Beamten oder sonstigen Bediensteten, den Mitgliedern eines der Organe oder Einrichtungen und den Leitern einer sonstigen Stelle mündliche Auskünfte, zum Beispiel im Rahmen von Gesprächen, sowie schriftliche Informationen zu verlangen.
3. Ergebnis einer internen Untersuchung
Nach Abschluss einer internen Untersuchung erstellt die untersuchende Stelle einen Bericht.
Dieser enthält insbesondere Folgendes:
- Aufschluss über die Rechtsgrundlage der Untersuchung,
- die durchgeführten Verfahrensschritte,
- den festgestellten Sachverhalt und seine vorläufige rechtliche Bewertung,
- die geschätzten finanziellen Auswirkungen des Sachverhalts,
- die Einhaltung der Verfahrensgarantien,
- die Schlussfolgerungen der Untersuchung.
Bei Abschluss einer Untersuchung erstellt das OLAF oft verschiedene Arten von Empfehlungen für die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen oder die zuständigen nationalen Behörden, die Folgendes betreffen:
- disziplinarische Maßnahmen gegen einen EU-Bediensteten oder ein Mitglied einer EU-Einrichtung;
- finanzielle Maßnahmen zur Wiedereinziehung zu Unrecht ausgegebener Beträge;
- verwaltungsrechtliche Maßnahmen, insbesondere dann, wenn strukturelle Mängel festgestellt wurden oder Vorschriften unklar oder nicht existent sind;
- justizielle Maßnahmen, in deren Rahmen die Justizbehörden eines Mitgliedstaaten aufgefordert werden, ein Strafverfahren einzuleiten.
Das OLAF hat zwar keine Befugnis, die Umsetzung seiner Empfehlungen einzufordern, deren Adressaten müssen dem OLAF aber über die ergriffenen Maßnahmen Bericht erstatten. Es wertet diese Rückmeldungen allerdings systematisch aus, da dies für die Messung des Erfolgs der Untersuchungen und der Arbeit seiner Partner hilfreich ist, und geht besonders auf Bereiche ein, in denen Verbesserungsbedarf besteht.
4. Interne Untersuchungsteams des OLAF
Das Referat für interne Untersuchungen besteht aus Untersuchungsbeauftragten mit unterschiedlichem beruflichem Hintergrund (Rechtsexperten, Wirtschaftswissenschaftler, Rechnungsprüfer, Buchhalter sowie ehemalige Zollbeamte, Richter, Polizeibeamte und Staatsanwälte). Die Untersuchungsbeauftragten werden je nach dem für eine bestimmte Untersuchung erforderlichen Fachwissen ausgewählt.