Diese neue EU-weit tätige Behörde geht gegen grenzübergreifende Großkriminalität zulasten des EU-Haushalts vor. Sie hat ihre Arbeit im Juni 2021 in 22 teilnehmenden EU-Ländern aufgenommen.
Die Europäische Staatsanwaltschaft (EUStA) ist als erste unabhängige und dezentrale Staatsanwaltschaft der Europäischen Union befugt, Straftaten gegen den EU-Haushalt wie Betrug, Korruption und schweren grenzüberschreitenden Mehrwertsteuerbetrug zu untersuchen, strafrechtlich zu verfolgen und vor Gericht zu bringen.
Das OLAF steht ihr dabei als vertrauenswürdiger und privilegierter Partner zur Seite.
Teilnehmende Länder Belgien, Bulgarien, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Italien, Kroatien, Lettland, Litauen, Luxemburg, Malta, Niederlande, Österreich, Portugal, Rumänien, Slowakei, Spanien, Slowenien, Tschechien und Zypern. |
Warum brauchen wir eine Europäische Staatsanwaltschaft?
Die Errichtung der Europäischen Staatsanwaltschaft bringt uns bei der Bekämpfung von Straftaten, die den EU-Haushalt schädigen, einen großen Schritt voran. Auch die Schaffung eines gemeinsamen Rechtsraums in Strafsachen rückt dadurch näher.
Zuvor konnten nur nationale Behörden Fälle von Betrug zulasten des EU-Haushalts untersuchen und strafrechtlich verfolgen. Allerdings endet ihre Zuständigkeit an den Landesgrenzen und ihre Mittel zur Bekämpfung grenzübergreifenden Finanzbetrugs sind begrenzt. Die EUStA kann grenzüberschreitend ohne langwierige Verfahren der justiziellen Zusammenarbeit schnell handeln und damit eine erfolgreichere Strafverfolgung und wirkungsvollere Einziehung der auf betrügerische Weise erlangten Gelder ermöglichen.
Dies ist notwendig, weil organisierte kriminelle Banden durch die Umgehung der nationalen und europäischen Vorschriften jedes Jahr Beträge in Milliardenhöhe erbeuten. So meldeten im Jahr 2018 nationale Behörden Betrug zulasten des EU-Haushalts in Höhe von 1197 Millionen Euro – Mehrwertsteuerbetrug nicht mitgerechnet.
Wie arbeitet die Behörde?
Die Staatsanwaltschaft wird als zentrale Behörde außerhalb der bestehenden EU-Einrichtungen in allen teilnehmenden EU-Ländern tätig und führt die europäische und nationale Strafverfolgung in den teilnehmenden Mitgliedstaaten in einer reibungslosen und effizienten Zusammenarbeit zusammen.
Sie ist vollkommen unabhängig und handelt im Interesse der EU. Sie holt dabei keinerlei Weisungen von EU- oder nationalen Behörden ein und nimmt diese auch nicht entgegen.
Tätigkeit auf EU-Ebene und auf nationaler Ebene
Die EUStA ist auf zwei Ebenen tätig:
Ebene | Rolle |
Zentrale Behörde auf EU-Ebene | Beaufsichtigung der Ermittlungen und Strafverfolgungsmaßnahmen in den teilnehmenden EU-Ländern zur Gewährleistung einer unabhängigen, wirksamen Koordinierung und eines einheitlichen Ansatzes |
Dezentrale Ebene – Europäische Delegierte Staatsanwaltschaften in jedem teilnehmenden EU-Land | Durchführung von Ermittlungen und Strafverfolgungsmaßnahmen in jedem EU-Land unter Einsatz nationalen Personals und Anwendung nationaler Rechtsvorschriften |
Nimmt die EUStA Ermittlungen in einer Sache auf, unterlassen die nationalen Behörden eigene Untersuchungen desselben Falles. Sie unterrichten die EUStA außerdem über alle einschlägigen Tatbestände.
Die strafrechtliche Verfolgung der Täter betreibt die EUStA jedoch vor den nationalen Gerichten.
Welche Rolle spielt das OLAF?
Die EUStA ist für strafrechtliche Ermittlungen zuständig.
Das OLAF nimmt bei Unregelmäßigkeiten und Betrug zum Nachteil der finanziellen Interessen der EU weiterhin in allen EU-Ländern administrative Untersuchungen vor. Das OLAF konsultiert dabei die Europäische Staatsanwaltschaft und stimmt sich eng mit ihr ab.
Diese Aufteilung der Zuständigkeiten gewährleistet den bestmöglichen Schutz des EU-Haushalts.
Errichtung der Europäischen Staatsanwaltschaft
Im November 2017 erließ die EU die Verordnung (EU) Nr. 2017/1939 zur Errichtung der Europäischen Staatsanwaltschaft (EUStA). Dies war eine der höchsten politischen Prioritäten der Europäischen Kommission, und insbesondere der Generaldirektion Justiz und Verbraucher und des OLAF. In der Anfangsphase war die Kommission für die EUStA verantwortlich, bis diese über die Kapazität verfügte, ihren eigenen Haushalt auszuführen.
Die Kommission konsultierte auch eine Expertengruppe aus Vertretern der teilnehmenden Länder.
Zu den wichtigen Tätigkeiten in der Anfangsphase zählen:
- Errichtung des Sitzes der EUStA in Luxemburg
- interne und administrative Tätigkeiten wie die Entwicklung des Fallverwaltungssystems
- Unterstützung des Europäischen Generalstaatsanwalts durch Ausarbeitung von Entwürfen von Durchführungsbestimmungen (Geschäftsordnung und Beschäftigungsbedingungen der Delegierten Europäischen Staatsanwälte).
Ernennungen
2018 wurde der EUStA-Auswahlausschuss gebildet, um qualifizierte Bewerber/innen für die Positionen des Europäischen Generalstaatsanwalts und der Europäischen Staatsanwälte zu bewerten und eine Rangliste zu erstellen. Im Januar 2019 präsentierte der Ausschuss dem Europäischen Parlament und dem Rat seine engere Auswahl für die Position des Europäischen Generalstaatsanwalts. Im September 2019 einigten sich das Europäische Parlament und der Rat auf Laura Codruta Kövesi als erste Europäische Generalstaatsanwältin. Ihre Amtszeit beträgt sieben Jahre und kann nicht verlängert werden. Frau Kövesi ist für die Organisation der Arbeiten der Europäischen Staatsanwaltschaft zuständig, vertritt sie nach außen, leitet ihre Tätigkeiten und sorgt für reibungslose Arbeitsabläufe.